Globale Herausforderungen durch Nadelstichverletzungen im Gesundheitswesen

Nadelstichverletzungen (NSV) sind weiterhin ein globales Problem. Schätzungsweise 44,5 % aller Mitarbeiter im Gesundheitswesen erleiden jährlich mindestens eine solche Verletzung.1

In Europa wurden bereits Maßnahmen zur Vermeidung von Nadelstichverletzungen ergriffen. Die EU-Richtlinie 2010/32/EU hat zu verstärkten Diskussionen über die Einführung von sichereren Arbeitsumgebungen und -praktiken geführt, um die Mitarbeiter im Gesundheitswesen vor durch NSV verursachten Verletzungen und Infektionen zu schützen.2

In einigen Regionen ist allerdings die Tragweite von Nadelstichverletzungen im Gesundheitswesen noch immer nicht vollständig erkannt worden. Die Zahl der Studien über Nadelstichverletzungen im Gesundheitswesen ist im Königreich Saudi-Arabien (KSA) noch gering.3

Zur Ermittlung der Anzahl von Nadelstichverletzungen und ihrer Risikofaktoren innerhalb des KSA wurde von Oktober bis November 2021 eine Querschnittserhebung unter 361 Mitarbeitern des Gesundheitswesens in Krankenhäusern und Zahnkliniken in der gesamten KSA-Region durchgeführt.3

Wie verhalten sich die Zahlen aus dem KSA im Vergleich zu den weltweit gemeldeten Zahlen? Lässt sich anhand dieser Zahlen besser nachvollziehen, wie Nadelstichverletzungen verhindert werden können?

Erfahren Sie mehr über die Fortschritte, die seit dem Inkrafttreten der Verordnung in Europa erzielt wurden: 10 Jahre EU-Richtlinie 2010/32/EU – Vermeidung von Verletzungen durch scharfe/spitze Instrumente im Krankenhaus- und Gesundheitssektor

Wie hoch ist die Anzahl der Nadelstichverletzungen pro Jahr?

Schätzungsweise 385.000 Mitarbeiter im Gesundheitswesen in den USA und mehr als 1 Million Mitarbeiter im Gesundheitswesen in Europa erleiden jedes Jahr perkutane Verletzungen infolge von Unfällen mit Kanülen oder scharfen Gegenständen.4,5 Weltweit erleiden jedes Jahr etwa 3 Millionen Mitarbeiter im Gesundheitswesen eine Nadelstichverletzung.4

Im KSA gaben 22,2 % der Befragten an, im letzten Jahr mindestens eine Nadelstichverletzung erlitten zu haben. Ärzte (36 %) und Pflegekräfte (34,8 %) waren dabei am häufigsten betroffen.3

Bei 34 % aller in der Befragung dokumentierten Nadelstichverletzungen waren die Gegenstände mit Blut kontaminiert.3 Eine Exposition mit Blut kann die Gefahr der Übertragung von gefährlichen, durch Blut übertragbaren Krankheitserregern wie dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV), Hepatitis B (HBV) und Hepatitis C (HCV) erhöhen.3 Weltweit führen Nadelstichverletzungen bei Mitarbeitern im Gesundheitswesen jedes Jahr zu 66.000 HBV-, 16.000 HCV- und bis zu 5.000 HIV-Infektionen.6

Erfahren Sie mehr über die Risiken von Nadelstichverletzungen im Gesundheitswesen: Belastungen durch Blutexposition und Nadelstichverletzungen für Mitarbeiter im Gesundheitswesen – Bewusstsein ist der Schlüssel

Meldung von Nadelstichverletzungen: Können wir den Zahlen vertrauen?

Die Meldung von Nadelstichverletzungen erfolgt nach wie vor weltweit weitgehend unsystematisch. Nach Angaben des United States Centre for Disease Control wird mindestens die Hälfte aller Nadelstichverletzungen nicht gemeldet.5

Eine Umfrage in Krankenhäusern in Großbritannien ergab, dass von 80 Ärzten, die eine Nadelstichverletzung erlitten hatten, 30 diese nicht ihrer arbeitsmedizinischen Abteilung gemeldet hatten.7

Auch im KSA stellt diese Untererfassung ein großes Problem dar. Mehr als die Hälfte (53,8 %) der Befragten, die eine Nadelstichverletzung erlitten hatten, haben die zuständigen Behörden nicht darüber informiert.3

Viele Faktoren haben Einfluss darauf, ob Mitarbeiter im Gesundheitswesen eine Nadelstichverletzung melden oder nicht. Die Verfasser der Befragung vermuten, dass die Untererfassung im KSA möglicherweise auf folgende Gründe zurückzuführen ist:3

  • Die Annahme, dass der Patient nicht mit durch Blut übertragbare Krankheitserreger infiziert war
  • Mangelnde Einhaltung der gängigen Vorsichtsmaßnahmen zur Vermeidung von Infektionen
  • Unkenntnis des Verfahrens zur Meldung solcher Ereignisse

Die Umfrage ergab auch, dass die meisten Mitarbeiter im Gesundheitswesen solche Verletzungen nicht als ernsthaft empfinden, was ebenfalls eine Rolle bei der Nichtmeldung von Nadelstichverletzungen spielen könnte. Den Angaben zufolge waren 70 % der Verletzungen leicht und es traten keine oder nur geringe Blutungen auf.3

Erfahren Sie mehr darüber, wie die Meldung von Nadelstichverletzungen verbessert werden kann: Zielgruppenspezifische Sensibilisierung für Nadelstichverletzungen

Vermeidung von Nadelstichverletzungen

Die Autoren der Untersuchung forderten neue Initiativen zur Vermeidung von Nadelstichverletzungen im KSA. Hierzu gehören eine einheitliche Richtlinie zu sicheren Arbeitsabläufen, die sichere Entsorgung von scharfen/spitzen Gegenständen, Richtlinien zur Vorgehensweise bei Verletzungen (einschließlich Meldeprotokoll) und Schulungen zu Präventionsmaßnahmen.3

Die Umfrage ergab außerdem, dass es beim Entsorgen und Wiederverschließen gebrauchter Kanülen am häufigsten zu Nadelstichverletzungen kommt.3 Die Einführung von speziellen Sicherheitssystemen zum Schutz vor Nadelstichverletzungen könnte dieses Problem lösen, da sie nachweislich die Zahl von Nadelstichverletzungen verringern.8

Erfahren Sie mehr darüber, wie Nadelstichverletzungen vermieden werden können: 3 Grundregeln zur Vermeidung von Nadelstichverletzungen: Lokalisierung, Schulung, Bewertung

Verweise

  1. Bouya S, Balouchi A, Rafiemanesh H, et al. Global Prevalence and Device Related Causes of Needlestick Injuries among Healthcare Workers: A Systematic Review and Meta-Analysis. Ann Glob Health. 2020 Apr 6;86(1):35. doi: 10.5334/aogh.2698.
  2. European Agency for Safety and Health at Work. Directive 2010/32/EU – prevention from sharp injuries in the hospital and healthcare sector. Published 10 May 2010. Accessed 11 January 2023 at https://osha.europa.eu/en/legislation/directives/council-directive-2010-32-eu-prevention-from-sharp-injuries-in-the-hospital-and-healthcare-sector
  3. Abalkhail A, Kabir R, Elmosaad YM, et al. Needlestick and Sharp Injuries among Hospital Healthcare Workers in Saudi Arabia: A Cross-Sectional Survey. Int J Environ Res Public Health. 2022 May; 19(10): 6342. Epub 23 May 2022. doi: 10.3390/ijerph19106342
  4. Gabriel, Janice. Sharps injuries and their prevention: what the new European Legislation may mean for palliative care services. Int J Palliat Nurs. 2012 May;18(5):218, 220, 222-3. doi: 10.12968/ijpn.2012.18.5.218.
  5. Centre for Disease Control and Prevention (CDC). STOP STICKS CAMPAIGN–Sharps Injuries 2020. Published 26 February 2019. Accessed 12 December 2022 at https://www.cdc.gov/niosh/stopsticks/sharpsinjuries.html
  6. World Health Organization. Sharps injuries: Assessing the burden of disease from sharps injuries to healthcare workers at national and local levels. Published 7 July 2005. Accessed 11 January 2023 at https://www.who.int/publications/i/item/sharps-injuries-assessing-the-burden-of-disease-from-sharps-injuries-to-health-care-workers-at-national-and-local-levels
  7. Naghavi SH, Shabestari O, Alcolado J. Post-traumatic stress disorder in trainee doctors with previous needlestick injuries. Occupational medicine (Oxford, England). 2013;63(4):260-265. doi: 10.1093/occmed/kqt027.
  8. Tuma S, Sepkowitz KA. Efficacy of Safety-Engineered Device Implementation in the Prevention of Percutaneous Injuries: A Review of Published Studies. Clinical Infectious Diseases. 2006 Apr 15;42(8):1159-1170. https://doi.org/10.1086/501456

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