Wie menschliche Einflussfaktoren im Gesundheitswesen zur Vermeidung von Patientenschäden beitragen

Wie können wir ein System konzipieren und betreiben, in dessen Mittelpunkt menschliches Handeln steht?“1

Dr. Tim Kane, Co-Direktor und Gründer von Practical Patient Safety Solutions (PPSS) und beratender orthopädischer Chirurg am Portsmouth NHS Trust, England, ging in seinem Vortrag auf dem BD MACOVA 2022 auf die Komplexität dieser Frage ein.

Dr. Kane verdeutlichte die Wichtigkeit menschlichen Handelns im Gesundheitswesen für die Qualität der Patientenbehandlung. Dies unterlegte er anhand anhand von 12 Fallbeispielen, bei denen Patienten aufgrund von vermeidbaren Fehlern starben.1

Wie können wir also ein System standardisieren, das auf menschlichem Handeln basiert?

Vermeidbare Patientenschäden – so sieht die Realität aus

Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) werden mehr als 10 % der Patienten während der Pflege geschädigt.2 Darüber hinaus führen 12 % der vermeidbaren Patientenschäden zu dauerhafter Behinderung oder zum Tod.3

Vom 1. April 2018 bis zum 31. März 2019 meldete der Nationale Gesundheitsdienst des Vereinigten Königreichs 496 als „Nie“ bezeichnete Ereignisse, definiert als Vorfälle, die „nicht auftreten dürfen, wenn die Gesundheitsdienstleister bestehende nationale Leitlinien oder Sicherheitsempfehlungen umgesetzt haben.“4

In jüngerer Zeit, vom 1. April 2022 bis zum 28. Februar 2023, wurden 356 solcher „Nie“-Ereignisse gemeldet.5

„Was schließen wir daraus?“, fragte Dr. Kane.1 „Nun, derartige Fälle sind wirklich weit verbreitet.“

Die Patienten und ihre Familien sind die Hauptleidtragenden, aber auch das Personal, der Ruf der Gesundheitsdienstleister und die Finanzen der Einrichtungen leiden darunter.1

In den OECD-Ländern sind 15 % aller Krankenhausausgaben und -aktivitäten auf die Behandlung von Sicherheitsmängeln zurückzuführen.6

Menschliche Faktoren im Gesundheitswesen: Fehler aus der Gleichung nehmen

Der Schlüssel zur Vermeidung von Patientenschäden und vermeidbaren Fehlern ist, die Psychologie zu verstehen, die hinter Fehlern steckt, so Dr. Kane; und genau hier liegt der zentrale Gedanke der Wissenschaft der menschlichen Faktoren.1

Dr. Kane zitierte das Charter Institute of Ergonomics & Human Factors, das den Ansatz wie folgt definiert: „Den Menschen helfen, das Richtige zu tun und es unmöglich machen oder erschweren, das „Falsche“ zu tun, indem die Möglichkeit, Fehler zu machen, eliminiert wird.“1

Zu den menschlichen Faktoren im Gesundheitswesen gehören nicht nur Psychologie, sondern auch Kommunikation, Management von Teamressourcen, Mensch-Maschine-Schnittstellen (Liveware-Hardware) und Mensch-Software-Schnittstellen (d. h. Verfahren, Formalitäten, Etikettierung).1

Es kommt auf einen systembasierten Ansatz an, so Dr. Kane, und Organisationen mit hoher Zuverlässigkeit bieten ein aufschlussreiches Beispiel dafür, wie Gesundheitseinrichtungen funktionieren sollten, um dem Vorbeugen von vermeidbaren Fehlern Vorrang einzuräumen.1 Eine Organisation mit hoher Zuverlässigkeit beschreibt Dr. Kane wie folgt:1

    • Sie lernt durch Ursachenanalyse (RCA) aus Beinaheunfällen und Unfällen
    • Sie erstellt robuste systemweite Standardbetriebsverfahren (SOP) und wendet diese an
    • Sie schult das Personal im Hinblick auf das „Warum“ und „Wie“ dieser SOPs
    • Sie überwacht die Einhaltung der Personalvorschriften und die Bedingungen beim Patientenkontakt

Es ist eine Abkehr von der Kultur der Schuldzuweisung; anstatt die Person zu betrachten, die den Fehler verursacht hat, wird die Schuld dem System selbst zugeschrieben.1

„Keine Organisation mit hoher Zuverlässigkeit würde einen Begriff wie ein „Nie-Ereignis“ verwenden, wenn etwas schief geht“, so Dr. Kane. „Denn dies bedeutet nichts weiter, als mit dem Finger auf andere zu zeigen und lenkt sehr davon ab, dass es sich um eine geteilte Verantwortung handelt und man einem Lernprozess unterliegt.“1

Erfahren Sie mehr über Organisationen mit hoher Zuverlässigkeit: Sir David Dalton: So verbessern Sie die Zuverlässigkeit der Gesundheitsversorgung

Über BD MACOVA 2022

Der BD MACOVA-Kongress 2022 fand vom 8. bis 10. Juni in Berlin statt und empfing über 300 Gäste und 31 Redner aus 35 Ländern.

Die Veranstaltung hat eine lange Tradition, bei der führende Unternehmen im Bereich des Gefäßzugangs ihre Erfahrungen und Einblicke in das Gefäßzugangsmanagement (VAM, Vascular Access Management) mit jenen teilen, die den Einsatz von Gefäßzugangssystemen und -dienstleistungen in ihren Krankenhäusern erweitern möchten.

Das Thema war die Etablierung einer Gemeinschaft von VAM-bassadors (Experten für Gefäßzugangsmanagement), die zur Verbesserung der Patientenergebnisse beitragen sollen.

Erfahren Sie mehr über MACOVA 2022: Aufstellung eines Gefäßzugangsteams: Standardisierte Lösungen sind nicht immer die besten

Verweise

  1. Kane T. The importance of clinical human factors in healthcare—A collaborative approach to learning. Lecture presented at: The 2022 BD Multidisciplinary Advanced Course on Vascular Access (MACOVA); 9 June 2022; Berlin, Germany.
  2. Slawomirski L, Klazinga N. The economics of patient safety: From analysis to action. OECD Health Working Papers. 2020;145:1-145. Doi: 10.1787/761f2da8-en.
  3. Panagioti M, Khan K, Keers RN, et al. Prevalence, severity, and nature of preventable patient harm across medical care settings: systematic review and meta-analysis. 2019 Jul 17;366:I4185. Doi: 10.1136/bmj/I4185.
  4. NHS England. Provisional publication of Never Events reported as occurring between 1 April 2018 and 31 March 2019. Published 29 April 2019. Accessed 26 April 2023 at: https://www.england.nhs.uk/wp-content/uploads/2020/08/Provisional_publication_-__NE_1_April_2018_to_31_March_2019.pdf.
  5. NHS England. Provisional publication of Never Events reported as occurring between 1 April 2022 and 28 February 2023. Published 13 April 2023. Accessed 26 April 2023 at: https://www.england.nhs.uk/wp-content/uploads/2023/04/Provisional-publication-NE-1-April-28-February-2023.pdf.
  6. Slawomirski L, Auraaen A, Klazinga N. The economics of patient safety: Strengthening a value-based approach to reducing patient harm at a national level. OECD Health Working Papers. 2017 Mar;96:1-67.

 

Die Präsentation wurde im Namen von BD erstellt und enthält die Meinungen, Techniken und Praktiken von Dr. Tim Kane. Die hier dargelegten Meinungen und Techniken dienen nur zu Informations- und Bildungszwecken.

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