PICC Anlage: Beurteilung der Empfehlungen der Michigan-Eignungsleitlinien für intravenöse Katheter (2015)

Wissenschaftliche Publikationen: Pinelli F, Little A, Kokotis K, Alsbrooks K, Pittiruti M. Assessment of the MAGIC recommendations in the context of evolving evidence based on the use of PICC in ICU. J Vasc Access. 2021 Oct 23:11297298211048019. doi: 10.1177/11297298211048019. 

Einführung – Die MAGIC-Empfehlungen

Zentralvenöse Zugangssysteme (CVADs, Central Venous Access Devices) einschließlich getunnelter und nicht-getunnelter zentral eingeführter Katheter (CICCs, Centrally-Inserted Central Catheters), über den Oberschenkel eingeführter zentrale Katheter (FICCs, Femoral-Inserted Central Catheters) und peripher eingeführter zentraler Katheter (PICCs) werden häufig auf der Intensivstation verwendet. Diese Produkte werden allerdings mit Komplikationsrisiken wie zentralvenenassoziierten Blutbahninfektionen (CLABSI, Central Line-Associated Bloodstream Infections) und katheterassoziierten Thrombosen (CRT, Catheter-Related Thrombosis) in Verbindung gebracht.1

Das Ziel des Michigan Appropriateness Guide for Intravenous Catheters 2015 (MAGIC)2 war es, geeignete Indikationen für das Anlegen, die Wartung und die Pflege von PICCs zu definieren. Die MAGIC-Leitlinien sind das Ergebnis eines Gremiums multidisziplinärer Fachleute, die nach systematischer Prüfung der Literatur und der Szenarien Kriterien für die Verwendung von PICCs je nach Patientengruppe sowie der Indikation für das Anlegen und die Dauer der Anwendung entwickelt haben.2 Die Angemessenheit eines PICC in den einzelnen Szenarien wurde mit anderen Venenzugangssystemen verglichen.

Das MAGIC-Gremium kam zu dem Schluss, dass der Einsatz von PICCs für periphere Infusionen ungeeignet ist, wenn die geplante Verwendungsdauer fünf oder weniger Tage beträgt.2 Für den Einsatz zwischen 6 und 14 Tagen seien Midline-Katheter und ultraschallgesteuerte periphere intravenöse Katheter vorzuziehen.2 Nicht-getunnelte CICCs seien bei kritisch kranken Patienten bei einer Verwendungsdauer von 14 oder weniger Tagen den PICCs vorzuziehen, während bei Krebspatienten PICCs unabhängig von der Verwendungsdauer für die Infusion von Reizstoffen oder nekrotisierenden Stoffen als geeignet angesehen wurden.2

Beurteilung der Gültigkeit der MAGIC-Empfehlungen

Diese Rezension wurde in der Fachzeitschrift Journal of Vascular Access veröffentlicht. Pinelli et al. haben die Gültigkeit der MAGIC-Empfehlungen und ihre Anwendbarkeit in den aktuellen Verfahrensweisen überprüft.1 Sie besprechen die methodologischen Grenzen der verwendeten Delphi-Befragung, den Fokus auf veraltete Daten sub-obtimaler Qualität, Bedenken hinsichtlich der Begründung vieler Empfehlungen für die PICC-Verfahren sowie die fehlende Berücksichtigung der Patienten.1

Laut den Autoren dieser Rezension können die wesentlichen Probleme im Zusammenhang mit den MAGIC-Empfehlungen wie folgt zusammengefasst werden:1

Allgemeine Bewertung:

  • Ein hohes Maß an übermäßiger Variabilität in den klinischen Szenarien, die die Gültigkeit der Empfehlungen beeinträchtigen
  • Keine Bewertung der Qualität der Studien
  • Mehr als 33 % der Studien waren über zehn Jahre alt, während mehrere wichtige Empfehlungen für die klinische Praxis erst in den letzten 10–15 Jahren ausgesprochen wurden
  • Unterrepräsentation von Fachleuten mit direkter PICC-Erfahrung
  • Begrenzte geographische Verteilung der Fachleute (80 % der Gremiummitglieder sind aus den USA; 60 % aus einem einzigen US-Bundesstaat)

Thrombose oder Infektionsrisiko:

  • Nur begrenzte Diskussion von Strategien zur Risikominderung katheterbedingter Komplikationen
  • Diskussionen auf der Grundlage veralteter Studien, die nicht den aktuellen Verfahrensweisen entsprechen
  • Neuere, qualitativ hochwertige Erkenntnisse bestätigen, dass das Risiko von Infektionen und symptomatischen Thrombosen bei Intensivpatienten gering ist.

Berücksichtigung der Patienten

Fehlen einer angemessenen Begründung für die Bevorzugung von CICCs gegenüber PICCs, da besondere klinische Bedingungen nicht berücksichtigt werden.

Schlussfolgerungen

Die Autoren des Artikels beschreiben, dass sich die Anlegetechniken und Wartungsstrategien, welche vor allem auf die Reduzierung von Komplikationen im Zusammenhang mit CVADs abzielen, beträchtlich weiterentwickelt haben. Die MAGIC-Leitlinien berücksichtigen diese Faktoren nicht.1 Unter allen auf den Intensivstationen verwendeten zentralen Zugängen (CICCs, FICCs und PICCs) sind PICCs zuverlässig und sicher für bestimmte klinische Situationen geeignet und können in diesen Situationen nicht durch Midlines ersetzt werden.1 Außerdem berücksichtigen die MAGIC-Empfehlungen nicht die aktuellen Herausforderungen im Zusammenhang mit COVID-19. Die von den MAGIC-Leitlinien hervorgehobene notwendige Reduzierung von zentralen Zugängen kann auf Intensivstationen möglicherweise nicht umgesetzt werden, da die Ressourcen weiter eingeschränkt werden und die zentralen Zugänge somit vermehrt Verwendung finden.1

Die Autoren empfehlen eine Durchsicht der MAGIC-Leitlinien und schlussfolgern, dass die Wahl des Gefäßzugangssystems auf spezifischen klinischen Überlegungen und aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und nicht auf von alten Daten herrührenden Befürchtungen beruhen sollte.1 Rezension lesen (in Englisch)

 

Verweise

1 Pinelli F, Little A, Kokotis K, Alsbrooks K, Pittiruti M. Assessment of the MAGIC recommendations in the context of evolving evidence based on the use of PICC in ICU. J Vasc Access. 2021 Oct 23:11297298211048019. doi: 10.1177/11297298211048019. 

2 Chopra V, Flanders SA, Saint S, et. Al Michigan Appropriateness Guide for Intravenous Catheters (MAGIC) Panel. The Michigan Appropriateness Guide for Intravenous Catheters (MAGIC): Results From a Multispecialty Panel Using the RAND/UCLA Appropriateness Method. Ann Intern Med. 2015 Sep 15;163(6 Suppl): S1-40. doi: 10.7326/M15-0744. 

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