Wissenschaftliche Publikation zum Bericht der Safe To Touch Conference 2020 zum Thema „Oberflächenbelastung durch medizinische Gefahrstoffe“

Gabay M, Johnson PFanikos J, et.al,American Journal of Health-System Pharmacy, Volume 78, Issue 17, 1 September 2021, Pages 1568–1575, https://doi.org/10.1093/ajhp/zxab134 

Die Kontamination von Oberflächen durch Gefahrstoffe stellt für das Gesundheitswesen ein hohes Risiko dar. Medizinische Gefahrstoffe weisen mindestens eines der folgenden Merkmale auf: Kanzerogenität, Teratogenität oder eine andere Toxizität für die Entwicklung, Toxizität für die Fortpflanzung, organische Toxizität bei geringer Dosierung, Genotoxizität sowie eine Struktur oder eine Toxizität, die einem bisherigen Gefahrstoff ähnelt. 1

Eine Oberflächenbelastung entsteht durch Rückstände von Gefahrstoffen auf Arbeitsflächen — beispielsweise in Apotheken sowie an Orten, an denen Patienten behandelt werden. Der Kontakt mit Gefahrstoffen kann sowohl zu akuten als auch chronischen Gesundheitsschäden führen und gefährdet besonders medizinisches Fachpersonal.2

Safe To Touch Conference 20201

Experten des Gesundheitswesens versammelten sich auf der Safe To Touch Conference 2020 zum Thema „Oberflächenbelastung durch Gefahrstoffe.“ Ziel der Konferenz war es, eine gemeinsame Herangehensweise zum Thema „Oberflächenbelastung“ zu erarbeiten, das von Akteuren der Versorgungskette für Arzneimittel, Regulierung und dem Gesundheitswesen angenommen werden kann.

Folgende Ziele waren Gegenstand der Konferenz:1

  • Bewährte Praktiken und Verfahren aus anderen Bereichen des Gesundheitswesens zu verstehen, die auf die Überwachung der Oberflächenbelastung angewendet werden können
  • Verständnis schaffen zum aktuellen Stand der Überwachung und der Medikamentenverteilung, aller Dosierungsformen und aller Therpieplätze
  • Bewertung marktüblicher Technologien und Systeme zur Überwachung
  • Veröffentlichung von bewährten Verfahren zur Überwachung
  • Abgabe einer einvernehmlichen Stellungnahme zum Thema – vorgesehen zur Veröffentlichung in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift, geeignet für die Kommentierung durch Experten

Ein Fachpublikum aus etwa 25 Kommentatoren nahm an einer Befragung vor der Konferenz teil. Unter den Befragten waren Apotheker, Pflegepersonal mit dem Fokus der Infusionstherapie, Dienstleister, Organisationen sowie Fachleute aus den Bereichen Medikamentensicherheit, Regulierung und Akkreditierung. Weiterhin wurde dieses Fachpublikum zu folgenden Themen angehört: aktuelle Vorschriften und Standards, Überwachungstechnologien zur Oberflächenbelastung, die Auswirkungen von Oberflächenbelastung auf die Gesundheit sowie die Faktoren, die eine Prüfung auf Oberflächenbelastung durch Gefahrstoffe beeinflussen.

Einvernehmliche Stellungnahme

Das wichtigste Ergebnis der Konferenz war das Übereinkommen zur Auslegung und Anwendung bestehender Normen für den Umgang mit der Oberflächenbelastung durch Gefahrstoffe. Die Ergebnisse der Konferenz umfassten 11 Konsenserklärungen bezüglich der Identifizierung potenzieller Bereiche und die Überprüfung marktüblicher Systeme zur Überwachung der Oberflächenbelastung. Im Nachgang folgt eine Zusammenfassung der 11 Konsenserklärungen:1

  1. Die Erstellung eines wirksamen Plans zur Überwachung der Oberflächenbelastung, um die Patienten- und Mitarbeitersicherheit als höchste Priorität hervorzuheben. Weiterhin soll die Einhaltung von einschlägigen institutionellen Regulierungs- und Akkreditierungsstandards gefördert werden. Außerdem soll die Erlaubnis zur Verfahrensvalidierung sowie die Förderung einer straffreien, fairen Kultur in Institutionen geschaffen werden.
  2. Die Einführung von Richtlinien zur Überwachung des Umgangs mit Gefahrstoffen anhand einer interdisziplinären Herangehensweise und durch die Hilfe von verschiedenen Akteuren aus dem Gesundheitswesen.
  3. Die Einführung administrativer Überwachungen durch Schulungen und Fortbildungen zur Sicherstellung der vorschriftsgemäßen Handhabung von Gefahrstoffen, um den direkten Kontakt zu minimieren.
  4. Die Entwicklung eines umfassenden, arbeitsplatzspezifischen Plans zur Entnahme von Wischproben, die zur Überwachung und Bestimmung des Basiswerts dienen, um potenzielle Exposition frühzeitig zu erkennen und Reinigungsverfahren beurteilen zu können.
  5. Die Entwicklung sowohl quantitativer als auch qualitativer Tests zur fortlaufenden Überwachung, da die Ergebnisse quantitativer Tests unter Umständen erst nach mehreren Wochen zur Verfügung stehen könnten.
  6. Die Standardisierung eines einheitlichen Formats für Ergebnisberichte, um Vergleiche mit anderen Institutionen zu ermöglichen.
  7. Die Risikominimierung von Gefahrstoffen durch Fokus auf Dekontamination: Geeignete Mittel zur Reinigung der Oberflächen sollen die Gefahr abschwächen und ein Plan für die Vermeidung sowie Beseitigung der Oberflächenbelastung soll erstellt werden.
  8. Die Einführung von Sicherheitsverfahren für Vorbereitung, Verabreichung und Handhabung von Gefahrstoffen durch eindeutige Kennzeichnung dieser. Außerdem die Dokumentation in digitalen Systemen für optimierte, sichere Arbeitsabläufe.
  9. Die Durchführung zusätzlicher Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Oberflächenbelastung durch Gefahrstoffe, einschließlich der Untersuchung von Expositionsgrenzen und der Bewertung über antineoplastische Stoffe hinaus sowie die Evaluierung von Verfahren und Produkten zur Dekontamination.
  10. Die Kooperation mit verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens zur Ausweitung der Überwachung der Oberflächenbelastung durch Gefahrstoffe, um mehr Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken.
  11. Die Barrieren in der Praxis müssen anerkannt und die Entwicklung effektiver Programme zur Überwachung der Oberflächenbelastung müssen gefördert werden. Weiterhin fehlen klare behördliche Standards und es herrscht die Furcht vor eindeutigen Befunden. Außerdem werden die Kosten für die Entwicklung eines solchen Programms gescheut.

Die anwesenden Fachleute der Safe To Touch Consensus Conference 2020 sind sich einig: Die erarbeiteten Empfehlungen zeigen auf, wie bedeutend die Aufklärung, Überwachung und die Risikoeinschränkung in Bezug auf Oberflächenbelastung durch Gefahrstoffe sind.1

 

Verweise

1 Gabay. M, Johnson. P, Fanikos. J, et.al Report on 2020 Safe to Touch Consensus Conference on Hazardous Drug Surface Contamination, American Journal of Health-System Pharmacy, Volume 78, Issue 17, 1 September 2021, Pages 1568–1575, https://doi.org/10.1093/ajhp/zxab134 

2 National Institute for Occupational Safety and Health. (2018). Hazardous drug exposures in healthcare. https://www.cdc.gov/niosh/topics/hazdrug/default.html (Page last viewed: May 4, 2020) 

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